In meiner Vikariatsgemeinde findet in einer Woche ein Casting statt. Für ein neues Musiktheater. Es ist mein erstes Projekt in der Gemeinde – sofern denn genügend Menschen sich begeistern lassen. Es ist aber auch nicht alles einfach. Schon jetzt zeigen sich neue Herausforderungen. Vor allem: Wie viel Kirche kann dieses Projekt vertragen und wie kann ich christliche Inhalte zur Sprache bringen ohne Leute zu verstoßen?
In meiner Heimatgemeinde gibt es schon seit vielen Jahren sehr erfolgreiche Musiktheater-Arbeit. Daran hängt mein Herz wirklich. Deshalb war ich sehr froh, als ich auch in meiner Vikariatsgemeinde ermutigt wurde, dort unser Erfolgsstück „Der mit dem Papst tanzt“ aufzuführen. Okay, bei dem Wort Erfolgsstück muss auch ich schmunzeln. Aber hey, für unsere Verhältnisse ist das quasi ein Kassenschlager 😉
Die Plan ist dann schnell klar: Aufführung des Musiktheaters über Martin Luther zur Nacht der Kirchen im September 2017. Mein Anleiter (also der Pastor, der mich während des Vikariats ausbildet/anleitet) hat das Stück auch schon gesehen. Er war begeistert. Überhaupt: Bevor ich groß Werbung machte, war gefühlt die halbe Gemeinde von der Idee schon begeistert. Da haben mein Anleiter und seine Kollegin im Hintergrund anscheinend gut Werbung gemacht. Davon bin ich wiederum begeistert. Was soll nun also groß schiefgehen? Nun ja. Ich hätte da so ein paar Ideen.
Ein ungewisses Casting
Zunächst einmal: Am nächsten Montag findet das Casting statt. Und ich suche Menschen. Vielleicht ja auch dich oder jemanden, den du kennst. Informationen gibt es hier.
Dann aber: Ich weiß nicht, was bei diesem Casting passiert. Ich habe nicht wenige Anmeldungen bislang erhalten. Aber, wer sich hinter den Namen versteckt? Keine Ahnung. Ich war zwei Wochen überall in Bramfeld unterwegs. Schulen, Geschäfte, Einrichtungen jeglicher Art. Pressemitteilung. Pressetermine. Facebook. Alle Gemeindeveranstaltungen abgegrast und Werbung gemacht. Ob es am Ende reichen wird?
Wie viel Kirche verträgt dieses Projekt?
Erstaunlicherweise mache ich mir aktuell aber weniger Sorgen um die Anzahl an Menschen, die zum Casting kommen, sondern um eine ganz andere Sache – und die Frage mag erstmal komisch klingen: Wie viel Kirche wird dieses Projekt vertragen? Und wie kann ich hier christliche Inhalte zur Sprache bringen ohne Leute zu verstoßen?
Dazu ein kurzer Exkurs: Mir ist es wichtig, dass ich mit der Musiktheater-Arbeit Menschen außerhalb der Kirche erreiche. Ich suche diesen Kontakt. Ich erwarte gerade nicht, also ich möchte gerade nicht, dass in dem Projekt nur „Insider“ dabei sind. Eine bunte Mischung, das wäre toll!
Vom Ehrenamt zur Profession
Doch… mir scheint, dass es dieses Mal eine besondere Herausforderung wird. Ich kann in allen leitenden Aufgaben nicht auf die Gemeinde zählen, sondern muss auf externe Leiter zurückgreifen. So kooperiere ich mit dem Chor des örtlichen Kulturzentrums und deren (professioneller) Chorleiterin. Unsere PR wird von einer (professionellen) Chor-Agentur übernommen. Vielleicht übernimmt ein (professioneller) Musiker aus Bramfeld die Bandleitung. Und eine (professionelle) Spielleiterin steht für Schauspiel und Choreografien bereiht. Ganz schön viel professionell für ein ursprünglich mal ehrenamtliches Projekt.
Das ist toll. Keine Frage. Da ist viel Know-How vorhanden. Aber wie viel Kirche verträgt dieses Projekt noch? Ich habe viele Anmeldungen von Schülern erhalten. Mit überwiegend Namen, die auf einen Migrationshintergrund deuten. Das ist toll. Keine Frage. Aber was mache ich, wenn ein größerer Teil muslimisch ist? Wie viel Kirche verträgt dieses Projekt?
Diese Musiktheater-Arbeit ist neu
Ich bin gespannt. Wirklich gespannt. Weil ich nicht weiß, was passiert. Diese Musiktheater-Arbeit ist für mich neu. Und herausfordernd. In meiner Heimatgemeinde konnte ich immer auf bestehende Gemeindestrukturen zurückgreifen. Auch auf bestehende Freundschaften. Auf eine eigene Sozialisation. Doch in Bramfeld kenne ich niemanden und mich kennt niemand. Ob nun in Gemeinde oder im Stadtteil.
Ich bin gespannt. Wie kann ich christliche Inhalte in diesem Kontext zur Sprache bringen? Wenn ich eine Andacht feiere, feiere ich sie dann alleine? Wenn ich für das Projekt bete, wie viele werden mitbeten? Werden sich die Interessierten vom Skript vielleicht „abgestoßen“ fühlen, weil ihnen klar wird, dass hier christliche Inhalte vermittelt werden?
In einer Woche ist das Casting. Ich bin gespannt. Und werde berichten. In den nächsten Wochen und Monaten. Hier, aber v.a. auch auf Twitter und Facebook. Das Ergebnis gibt es – im besten Fall – am Samstag 16.09.17 in der Osterkirche in Bramfeld.