Kirche kann manchmal alles. Und irgendwie auch nichts. Aber: Was ist Kirche eigentlich? Und was nicht? Ein Plädoyer für eine ernsthafte und kritische Analyse. Über das was Kirche ist und was nicht. Und ein Plädoyer für Mut. Mut zum Wegwerfen. Denn: Ich bin mir sicher, dass da so einiges weg könnte.
Ist das Kunst oder kann das weg? Die Antwort auf diese Frage ist bekanntermaßen eher subjektiv zu entscheiden. Für manche ist ja gerade das, was andere wegwerfen Kunst. Kunst kann alles, Kunst darf alles, Kunst ist alles. Naja, oder so ähnlich.
Aber wie ist das mit Kirche? Ist alles Kirche, nur weil es in Kirchen stattfindet? Ich meine: Ist alles Kunst, nur weil es in einem Museum ausgestellt ist? Nun bin ich kein Kunst-Experte und kein Kirchen-Experte und doch würde ich sagen: Sowohl in der Kunst als auch in der Kirche kann man sich streiten. Was denn nun Kunst sei und was Kirche sei.
In beiden Fällen wird man keine Antwort finden, die alle überzeugt, mit der alle glücklich sind – und trotzdem ist in beiden Fällen die Diskussion darüber ja durchaus wichtig.
Denn wenn alles Kunst ist, dann ist nichts mehr Kunst. Und wenn alles Kirche ist, dann ist letztlich nichts mehr Kirche.
Was ist Kirche?
Was ist nun also Kirche? Was macht für dich Kirche aus?
Ein Gottesdienst? Ein christlicher Bezug in der Veranstaltung? Also… ist alles Kirche, wenn wir eine Andacht davor schalten? Oder geht es noch niedrigschwelliger? Reicht es schon, wenn die Veranstaltung in kirchlichen Räumen stattfindet? Oder ist Kirche alles, was Christen tun? Oder alles, wo die Kirche irgendwie beteiligt ist – sei es auch nur mit Geld? Muss es immer um Gott gehen oder nicht?
Ist ein Kinoabend in der Gemeinde Kirche? Wegen der Gemeinschaft? Und wenn exakt die gleichen Leute sich nun zuhause bei mir treffen und einen Film schauen – ist das dann immer noch Kirche?
Wenn Kirche eins kann, dann Gruppen!
Wenn ich manchmal durch Gemeindebriefe blättere, mir ansehe, was Gemeinden so machen… dann stelle ich mir die Frage: Ist das eigentlich noch Kirche oder kann das weg?
Da werden Kindergruppen für jedes Alter angeboten, Sportgruppen, Pfadfinder, Jugendgruppen, Bastelgruppen, Selbsthilfegruppen – ja also wenn wir was können: dann Gruppen. Gruppen in jeglicher Art und Form. Und ist das alles Kirche?
Drei Thesen
Ich habe keine Antwort auf diese Frage. Aber eine Meinung. Und eine These. Naja. Eigentlich drei Meinungen und drei Thesen.
- Die meisten Dinge, die wir tun, können andere mindestens genauso gut.
- Die wenigsten Dinge, die wir tun, können so nur von Kirche angeboten werden.
- Wir sollten uns auf das konzentrieren, was außer uns niemand kann.
Zugegeben: das, was ich sage gilt vor allem für den städtischen Raum. Aber für diesen um so mehr.
Wir müssen nichts machen, was andere besser können wir als wir. Wenn wir keinen wirklichen Mehrwert in die Sache reinbringen.
Eine Sportveranstaltung in der Kirche? Ja natürlich, tolle Sache! Aber… wieso gehen wir als Kirche nicht einfach raus in die Sportvereine? Klar, da gibt es keine Andachten dann vor dem Spiel. Aber es gibt lauter lebendige Andachten. Nämlich dich und mich.
Wir müssen nicht alles in unserer Gemeinde anbieten. Wir müssen nicht jede Veranstaltungsart abdecken, um Leute einzuladen. Wir könnten als Gemeinde auch einfach dorthin gehen, wo die Veranstaltungen sind.
Ist das Kirche oder kann das weg?
Lasst uns doch einfach mal knallhart analysieren. Was machen wir in unseren Gemeinden und was davon ist wirklich Kirche? Und was kann weg?
Und lasst uns doch stattdessen lieber sehr genau hinschauen, wo wir wirklich wichtig sind. Was gäbe es in unserem Stadtteil einfach nicht mehr, wenn wir weg wären? Ich bin mir z.B. relativ sicher, dass es kaum noch Gottesdienste gäbe. Also warum nicht dieses Angebot ausbauen?
Lasst uns doch mal Kräfte bündeln. Für das, was außer uns niemand macht. Über den Gott der Bibel reden. Die frohe Botschaft verkündigen. Den Menschen von Jesus erzählen.
Und den ganzen anderen Kram? Da können wir dann ganz entspannt in die Welt hinaus gehen. Und immer noch im Chor singen. Basteln. Und im Wald herumwandern. Und nebenbei, ganz unverkrampft. Menschen kennenlernen. Und ja, vielleicht mit ihnen ins Gespräch kommen. Und sie zu einer Veranstaltung einladen, die in der Form einmalig in unserem Stadtteil ist.
Und diese Veranstaltung gibt es bei uns in Kirche. Und weißt du, was das Beste ist? Diese Veranstaltung ist so richtig geil vorbereitet. Weil alle in der Gemeinde Zeit dafür hatten. Weil es weniger andere Veranstaltungen gab, um die man sich kümmern musste. Und weißt du noch was? Diese Veranstaltung ist richtig voll! Denn sie ist nicht nur gut vorbereitet, sondern auch einzigartig und geht nicht unter als eines von vielen Angeboten.
Wunschdenken? Vielleicht.
Vielleicht aber auch nicht.
Fußnote: Ich suche noch nach der Bibelstelle, in der Jesus uns Christen aufgerufen hat, möglichst viele Gruppen in der Gemeinde zu haben. Wer sie findet… bekommt ein Eis. Aber nur ein Kleines!
Fußnote II: Das wäre übrigens auch eine Seite der einfachkirche. Denn… vermutlich wäre so eine Kirche in ihrem Aufbau, ihrer Form und ihren Veranstaltungen her einfach. Einfach einfach. Einfach Kirche. Nicht mehr und nicht weniger.
Hej Jonas
Es stimmt dass Kirche auch Kirche bleiben soll und dass Kirche raus gehen soll…und dass Kirche das was sie kann wirklich richtig gut machen soll….aber wir müssen als Kirche auch reinlassen und die Tür weit öffnen und das beinhaltet auch deren Interesse mit anzubieten mit einzubauen….ich erinnere Thomas mit seinen unermüdlichen Andachten bei den Samstag nachmittags Fußball Treffen . Ich erinnere diverse Angebote von Gemeinde Leuten die ihre Begabungen eingesetzt haben und mit ihrem Gruppen Angebot viele Leute in die Kirche gelockt haben. Aber zunächst durch das “ weltliche Angebot“ und dann ist es Aufgabe der Kirche daraus etwas zu machen. Sowie die Andachten mitten beim Fußball spielen…..den Kindergruppen biblischen Geschichten erzählen, den Eltern Gott im Alltag erleben lassen…da gibt es diverse Gruppen und Ideen. Was wäre deine Jungschar für die Jungs ohne Fußball gewesen…
Also nicht nur die Kirche muss raus gehen…ja klar das muss sie tun… Gottesdienste an Orten halten die unüblich sind…. Mit den Menschen draußen in den Sportvereinen in Kontakt kommen und zu uns einladen….zu dem was Kirche besonders gut kann und dafür muss Kirche etwas anbieten was sie gut kann bzw das was sie macht dann extrem gut machen…aber die Kirche muss dafür alle Türen weit öffnen und auch ein Stück Welt mit aufnehmen und anbieten. Wahrscheinlich meinst du das gleiche aber mir ist das beim Lesen zu kurz gekommen….
Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag.
Im Großen und Ganzen stimme ich dir zu.
Deine Zukunftsvision, die ich sehr toll und biblisch dazu finde steht vor einer großen Herausforderung in der Umsetzung:
Wenn ich (Privatperson) im Sportverein, auf dem Wochenmarkt… unterwegs bin, habe ich dann ein Bewusstsein dafür, dass ich Kirche bin? Sollte ich das überhaupt sein oder kann man Kirche nur sein, wenn man auch im Auftrag der Kirche unterwegs ist?
1. Wir sollten uns immer wieder bewusst machen, dass wir nicht für das unternehmen Kirche aktiv sein sollten, sondern für das Unternehmen Gottes. Dieses findet nunmal oft Ausdruck in Kirche und das ist auch gut so.
Dieses Bewusstmachen, dass wir überall, wo wir sind im Auftrag Gottes unterwegs sind, ist Kernaufgabe der Kirche. Das gegenseitige Ermutigen in der Welt Zeugen Jesu zu sein und das Evangelium zu leben und verkünden.
2. Kirche sollte ein Kernangebot haben, da stimme ich dir zu. Jedoch, wenn man es damit zu sehr übertreibt, kann es dazu führen, dass Kirche sich zu sehr einigelt und ein zu großer Graben zwischen Kirche und Welt entsteht.
Da Kirche nicht nur ein religiöses Gebilde ist, sondern die Ansammlung von Menschen, die in dieser Welt leben, können diese Menschen auch im Rahmen von Kirche (ob nun Gebäude, Veranstalter oder sonst wie) Dinge tun, die nicht ausschließlich religiös, sondern in gewisser Hinsicht weltlich sind. Das mögen manchmal die besten Umwege sein, um dem Missionsauftrag nachzukommen.
Jedoch wenn man es nur wesentlich schlechter hinkriegt, als der Verein um die Ecke, sollte man es sein lassen und alle Kirchenschäflein dort hinschicken (unter anderem im Auftrag Gottes)
Eine andere Möglichkeit sind da Kooperationen. Vielleicht sieht man den inhaltlichen Auftrag, aber es fehlt an Kapazität oder Qualität. „Lieber Verein XY, wir haben eine Idee und wollen…, wir würden usn sehr über ihre Unterstützung freuen. Gemeinsam können wir was tolles auf die Beine stellen.“
So weit meine Gedanken dazu.
Ganz interessant dazu fand ich diesen Artikel im Tagesspiegel:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/jesu-junge-juenger-wie-die-evangelikalen-berlin-erobern/22796874.html
Ein wichtiges Element für diese neuen Gemeinden ist es, die Leute umfassend über viele Aktivitäten einzubinden. Ich habe auch vor -zig Jahren schon mal von einem erfahrenen Gemeindemitglied den Satz gehört, wenn er wissen wolle, wie gut eine Gemeinde funktioniere, schaue er sich die Küche an. Wenn da offensichtlich viel passiert, läuft es auch in der Gemeinde.
Also, Kerngeschäft Gottesdienst, Konfirmandenarbeit und Seelsorge muss sein und muss gut sein, aber auch das Umfeld muss stimmen, sonst geht der Ofen aus.