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S2F18 | „Ihr Israeliten, hört, was der HERR euch zu sagen hat! Der HERR führt einen Rechtsstreit gegen die Bewohner des Landes. Denn Treue und Liebe sind ihnen fremd, sie wollen den Herrn nicht als ihren Gott anerkennen.“ (Hosea 4,1) & „Kehrt um zu Gott! Denn Gottes himmlisches Reich ist nahe.“ (Matthäus 3,2)
Hmm … deine Tipps klingen gut, aber ich bin anderer Meinung.
Wenn wir wissen möchten, was uns das AT heute zu sagen hat, müssen wir verstehen, in welcher Weise die Geschichten und Aussagen der jüdischen Bibel in Altertum und Antike einen Unterschied zur damaligen Zeit, zum geltenden Moralkodex, zu dem, was allgemein als „normal“ empfunden wurde, gemacht haben.
Ein Beispiel: Es wurde für völlig selbstverständlich gesehen, dass es Sklaven gab, eine göttliche Schöpfungsordnung sozusagen. Das AT kratzt an diesem Bild gewaltig, spricht Sklaven Rechte zu (ein Novum), und Gott outet sich als Gott der Hebräer (Hebräer = Fronarbeiter / Sklaven) und führt die ersten Menschenrechte ein. Wenn wir diesen Hintergrund nicht bedenken, sehen wir nur, dass die Bibel scheinbar Sklaven „gutheißt“, wir sehen nicht die gewaltige Revolution eines gesamten Wertesystems, die hier gestartet wird.
Anderes Beispiel: Im AT wird gefordert, dass menstruierende Frauen sich separieren. Wenn man bedenkt, dass wir uns dort in einer Zeit ohne fließendes Wasser, in Wüstennähe, ohne Unterwäsche, Tampons und Binden befinden, dann erkennen wir, es ist ein Infektionsschutzgesetz. Und dann können wir fragen, was würde Gott zu unserem Umgang mit Corona sagen unter der Prämisse, dass Gott unsere Gesundheit sehr wichtig ist und er verlangt, dass wir uns und unsere Mitmenschen schützen.
Und um auf deinen Vers aus Hosea zu kommen: Gesetze wurden damals nur und ausschließlich von Göttern gemacht. Der Pharao, der römische Kaiser ließen sich als Gott verehren. Sich zum Herrn als Gott zu bekennen, hieß, sich an seine Gesetze zu halten. Und das hat Israel nicht getan, es hat z.B. Arme ausgebeutet und unterdrückt. Und das ist Gott damals wie heute zuwider und das ist auch das Hauptsächliche, was Jesus angeprangert hat. So gesehen hast du doch recht was Jesus betrifft, ich finde aber nicht, dass die Aussagen des AT durch Jesus verifiziert werden müssen. Ich sage: Kontext, Kontext, Kontext und nicht ein Buch der Antike in unsere Zeit zerren. Was leider viel zu oft geschieht.
Nachtrag: Unsere Gesetze werden heute im Bundestag verabschiedet und ich denke, uns ist dieser Zusammenhang zwischen Gesetzgebung und „welchem Gott wir folgen“, der in biblischen Zeiten selbstverständlich war, selten bewusst. Wir interpretieren den „richtigen“ Glauben auf einer rein spirituellen Ebene.
Aber der Kampf um den richtigen Gott damals ist mMn heute vergleichbar mit der Verteidigung unserer Demokratie gegen Rechtsradikale.